Die Schwächen des westlichen Mannes

Diejenigen, die sich um die Pobleme des modernen Westens sorgen, teilen sich in zwei verschiedene Lager auf: Die einen schreiben sie einer mächtigen und einflussreichen Minderheit zu, die gewisse Ideologien vorantreibt, und die anderen sehen sie in einem Mangel an kulturellem Vertrauen und strukturellen religiösen und metaphysischen Problemen des Westens ganz allgemein. Ich persönlich sehe Anzeichen, die beide Erklärungen stützen. (vgl. hier, hier und hier)

Eine Allianz aus Linken und Rechten, oder aus transnationalen Progressiven und transnationalen Kapitalisten wie John Fonte gesagt hätte, untergraben den Nationalstaat. Es ist mehr als nur ein bisschen Ironie, dass bei dem Wunsch nach offenen Grenzen Sozialisten auf der gleichen Seite wie Superreiche stehen. Es gibt viele Anzeichen dafür, dass die Masseneinwanderung von den kulturellen und politischen Eliten vorangetrieben wurde und dass die Opposition dagegen manchmal mit recht repressiven Methoden zum Schweigen gebracht worden ist.

Die Niederlande waren wesentlich weniger begeistert vom Multikulturalismus als in elitären Kreisen vor 2002 allgemein angenommen wurde. Die Medien und die Politiker zeichneten ein Bild, das schlicht und einfach nicht mit der Realität übereinstimmte. Drei Soziologen an der Radboud Universität kamen zu der Erkenntnis, dass der unorthodoxe Politiker Pim Fortuyn die Unzufriedenheit des Volkes lediglich an die Oberfläche brachte. “Das positive Bild, dass fast alle Holländer die gleiche tolerante Haltung gegenüber Minderheiten an den Tag legen würden wie der ‘gutmenschliche’ Teil der Nation (wie die Eliten und Medien oft bezeichnet werden), wurde lange aufrecht erhalten”, so die Soziologen.

Ich bestreite die Tatsache nicht, dass es einen allgemeinen Zusammenbruch des kulturellen Vertrauens im Westen und in Europa gab, aber ich bestreite die Behauptung, dass sich das in einen von allen geteilten Todeswunsch übertragen hat, wobei die Massen freudig ihre eigene Auslöschung willkommen heißen. Das Überhandnehmen von Hassrede-Gesetzen und Zensur ist ein starkes Indiz für das Gegenteil. Lassen Sie uns dennoch das Augenmerk auf einige strukturelle Schwächen des Westens richten.

Euripides sagte: “Wen die Götter zerstören wollen, den machen sie zuerst verrückt.” Nun, der Westen ist zur Zeit komplett wahnsinnig geworden und teilweise von aktivem Selbthass befallen. Ich zermartere mir den Kopf beim Versuch herauszufinden, wo dieser Selbsthass herkommt. Vielleicht fühlen wir uns schuldig, weil wir so erfolgreich und reich und fähig sind, dass wir es einfach nicht mehr aushalten können. Aber wo kommen solche Schuldvorstellungen ursprünglich her? Ich argwöhne, dass sie irgendwie mit dem jüdisch-christlichen Anteil des Westens zu tun haben. Aus dem griechisch-römischen oder germanischen Anteil kommen sie nicht. Man kann viel Schlechtes über Julius Cäsar sagen, aber selbtmörderische Schuldgefühle waren definitiv nicht sein größtes Problem. Möglicherweise brauchen wir einen Hauch römischer Erbarmungslosigkeit zusätzlich zum christlichen Mitgefühl? Aber der westliche Selbsthass richtet sich häufig gegen das Christentum, und wenn wir annehmen, dass es dem Christentum entspringt, ist das irgendwie verwirrend.

Was ist Multikulturalismus? Vermutlich hat jede Generation ihre neue “Große Idee”. Sie ändert sich stets gerade genug, damit die Leute wieder darauf reinfallen, aber sie bringt umfangreichen Wandel für Millionen von Menschen mit sich. Je weniger sie mit der Realität übereinstimmt, desto besser. Der springende Punkt ist, dass sie andere utopische Ideen überbieten muss. Was steckt dahinter? Nun, die Freude daran, die etablierte Ordnung zu zerstören, was Sinn in ansonsten sinnlose Leben bringt, sowie der Wunsch, in grandiose Ideen einzutauchen. Man darf auch das Bestreben nach persönlicher Macht und die Freude darüber, dass man Gegner schikanieren kann, nicht unterschätzen. Wenn man behauptet, dass die eigenen utopischen Ideen die von Gerechtigkeit und Gleichheit sind, kann man auch behaupten, dass diejenigen, welchen nicht übereinstimmen, Befürworter von Ungerechtigkeit und Ungleichheit – in anderen Worten: böse – sind und damit außerhalb der Grenzen einer zivilisierten Debatte stehen.

Man sollte auch immer ein Auge auf Leute haben, die einer Ideologie anhängen, die dramatische gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringt, und die behaupten, dies wäre der unaufhaltsame Lauf der Geschichte, die es aber dennoch aus irgendeinem Grund nötig haben, Kritiker durch Einschüchterung mundtot zu machen. Wenn ihre Ideologie so großartig ist, wie kommt es dann, dass sie so abgeneigt gegen Kritik sind? Gute Ideen können auch rational verteidigt werden. Wenn Menschen sich gegen die kritische Überprüfung ihrer Ideen wehren, ist das üblicherweise ein machtvolles Indiz dafür, dass diese Ideen weder wahr noch wünschenswert sind.

Kann unser demokratisches System das 21. Jahrhundert überleben? Es gibt sowohl westliche als auch nicht-westliche Beispiele für frühe Formen der Demokratie. Germanische Gesellschaften – insbesondere die der nordischen Länder – hatten bereits im Mittelalter regionale Regierungsversammlungen, die Ting genannt wurden. Einige der Parlamente dieser Länder, das Althing in Island, das Folketing in Dänemark und das Storting in Norwegen, tragen dieses Vermächtnis noch in ihren Namen. Allerdings findet man das einflussreichste Beispiel, in dem auch das Wort “Demokratie” ursprünglich geprägt wurde, in Gestalt des Stadtstaats Athen im antiken Griechenland. Die Athenische Demokratie beinhaltete die Praxis der Verbannung, womit ein Bürger unter Androhung der Todesstrafe für ein Jahrzehnt ausgewiesen werden konnte, und zwar ohne Gerichtsverhandlung.

Eine Person im demoratischen Athen, die sich einer Gerichtsverhandlung gegenübersah, war Sokrates, dem das Orakel von Delphi angeblich verkündet hatte, er sei der weiseste Mann unter den Lebenden. Er wurde schuldig befunden, die Jugend verdorben zu haben, und trank den giftigen Schierlingsbecher. Die Verhandlung hinterließ einen tiefen Eindruck auf seinen Schüler Plato. Er kam zu dem Schluss, dass ein politisches System, das einen großen Mann wie Sokrates, der die Menschen dazu anregte, selber zu denken, dafür verurteilte wurde, dass er seine Meinung sagte, ein ungerechtes System sein müsse.

Plato stand der Demokratie möglicherweise überkritisch gegenüber, aber er lag nicht vollkommen falsch. Die Unterdrückung von Dissidenten, die legitime aber lästige Fragen zu heiklen Themen stellen, ist bis zum heutigen Tag ein Problem in demokratischen Gesellschaften geblieben. Demokratie stellt nicht immer sicher, dass weise Menschen gehört werden dürfen oder dass keine schlechten Ideen eingeführt werden, wie man am Fall von Multikulti und islamischer Einwanderung in den Westen klar sehen kann. Rückblickend ist es leicht, festzustellen, dass dramatische und möglicherweise auch irreversible Veränderungen ohne ordentliche Debatte eingeführt wurden. Diejenigen, welche sich dagegen stellten, wurden entweder einfach ignoriert oder durch Schikanen mundtot gemacht.

Die individuelle Redefreiheit sicherzustellen, wie es die Gründungsväter der USA in der Bill of Rights taten, ist ein notwendiger Schritt, um diese Schwäche in den Griff zu bekommen, aber es gibt auch andere Formen indirekter Zensur, die schwieriger zu bekämpfen sind. Die Diskussionskultur, die absolut unerlässlich dafür ist, dass eine Politik der Vernunft möglich ist, befindet sich schon seit Jahrzehnten im Westen im Niedergang zu Schlammschlachten, bei denen die aggressivsten Gruppierungen regelmäßig den Sieg davon tragen.

Alexis de Tocqueville, der französische Autor des Klassikers Democracy in America, zeigte sich überrascht darüber, wie religiös die Durchschnittsamerikaner waren, und stellte einen teilweisen Zusammenhang zwischen der demokratischen Kultur dort und ihrer religiösen Grundlage her. In einem Interview mit FrontPage Magazine spricht Hugh Brogan über sein neues Buch über Tocqueville. Tocqueville fürchtete, dass die individuelle Selbstachtung dem Gleichheitsdruck der Mehrheit in einem demokratischen System nicht standhalten würde.

Brogan führt aus: “Ich glaube, er würde eingestehen, dass er in Democracy in America selbst schon 1835 die Bedeutung von Lobbys und Pressuregroups hätte erkennen müsen, und er würde wohl ihre fantastische Machtfülle, die auf kommerzieller Manipulation der öffentlichen Meinung basiert, inakzeptabel finden. Sein über allem anderen stehendes Prinzip war, dass man ohne Freiheit kein Recht und ohne Recht keine Freiheit haben kann, und das waren seine zwei höchsten Werte.”

Eine der Herausforderungen, mit denen sich Tocqueville nicht befasste, war die zunehmende Macht der Vierten Gewalt, der Presse, die so mächtig geworden ist, dass sie die drei offiziellen Gewalten der Regierung beherrscht. Eine der Fußangeln in unserer modernen, komplizierten und schnelllebigen Gesellschaft ist, dass wir Tag für Tag mit riesigen Informationsmassen bombardiert werden, sodass es schwierig ist, zu entscheiden, welche Information wichtig ist und welche nicht. Wir müssen uns auf “Pförtner” verlassen, die wichtige Informationen herausfiltern, und wenn diese “Pförtner”, die Massenmedien, massiv von Leuten mit einer antiwestlichen Agenda infiltriert sind, dann zieht das ernstliche Probleme nach sich.

Christopher Lasch schreibt in seinem Buch The Revolt of the Elites: The Betrayal of Democracy über die Debatten der 1990er Jahre, wie gewisse Elitegruppen wie Juristen, Akademiker und Journalisten das demokratische System bedrohen, indem sie sich selber von ihrem eigenen Volk abtrennen. Sie alle verdienen ihren Lebensunterhalt damit, Worte und Informationen wie Konsumgüter zu behandeln, und der Markt für diese Güter wird zunehmend international. Er warnt auch vor den Konsequenzen aus dem Zusammenbruch der Religion.

Ich habe erst kürzlich angefangen, zu befürchten, dass unser demokratisches System, so wie es derzeit modern ist, dieses Jahrhundert nicht überleben kann. Zynisch gesprochen gibt es zwei grundlegene Aufgabenbereiche, die eine Regierung übernehmen muss, um legitimiert zu sein, Steuern einzutreiben:

1. Kriminelle aus den Straßen fern zu halten und die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten, damit die Bürger in vernünftiger Sicherheit ihren Angelegenheiten nachgehen und Handel treiben können. Wenn das nicht gewährleistet ist und Normalbürger kein Mindestmaß an Sicherheit für ihr Leben und ihr Eigentum verspüren, leiden Handel und Investitionen und die Wirtschaft bricht zusammen.

2. Die territioriale Integrität des Landes aufrecht zu erhalten und die Grenzen und die Bürger vor Bedrohungen von außen zu schützen.

Zur Zeit tun sich die Regierungen überall in der westlichen Welt mit dem ersteren schwer und versagen abgrundtief beim letzteren, während sie immer noch obszön hohe Steuern eintreiben. Diese Situation ist schlicht und ergreifend nicht wesentlich länger aufrecht zu erhalten. Unsere Länder müssen die Kontrolle über ihre Grenzen wieder gewinnen. Das Problem ist, dass wir mit den massivsten Migrationswellen der Menschheitsgeschichte konfrontiert sind und dass gleichzeitig internationales Recht und Menschenrechtsfundamentalismus unsere Möglichkeiten, unsere Integrität aufrecht zu erhalten, beschneiden, während sich unsere politischen und wirtschaftliche Eliten immer weniger um ihr eigenes Volk scheren.

Haben wir das Ende des Goldenen Zeitalters erreicht, in dem Regierungen dem Volk Rechenschaft schuldig sind? Ich hoffe nicht, aber wir müssen das System maßgeblich ändern, damit es funktioniert, und ich muss zugeben, dass ich bisher noch keine Vorstellung davon habe, wie all diese Veränderungern aussehen werden, und auch nicht davon, wie wir es schaffen werden, sie einzuführen.

Ich habe über das Thema ´Wikinger vs. Moslems´ mit einigen Skandinaviern diskutiert. Manche haben behauptet, sie [die Wikinger] wären die Al Kaida des Mittelalters gewesen. Allerdings schätzten Wikinger die Wahrheit hoch und hielten Wort, um ihre Ehre wahren, anstatt ihr Gesicht zu wahren. Sie pflegten Blutrache, hielten Sklaven und überfielen die Christen Europas. Und obwohl die Wikinger brutal sein konnten (”Du sollst nicht morden” ist ein christliches Konzept) hatten sie immer noch einen Ehrkodex, der mit Mut zusammenhing.

Ich habe viele Beispiele von Moslembanden gesehen, die einsame Opfer angreifen, Obdachlose, Behinderte usw. Ich bin nicht sicher, ob die Wikinger das getan hätten. Nicht unbedingt, weil es falsch für sie war, Gewalt anzuwenden, sondern weil die Art und Weise unehrenhaft gewesen wäre. Das bedeutet, dass wir selbst in unseren barbarischsten Zeiten Moslems überlegen waren. Und davon abgesehen haben sich die meisten von uns von derartiger Brutalität weg entwickelt. Moslems haben das nicht.

Skandinavierinnen genossen auch während der vorchristlichen Zeit wesentlich größere Freiheit als islamische Frauen, die sie auch während der darauf folgenden christlichen Zeit behielten.

Wie Bernard Lewis in seinem Buch What Went Wrong? ausführt, “war die unterschiedliche Position von Frauen der auffallendste Gegensatz in der christlichen und islamischen Praxis und sie wurde auch von fast allen Reisenden in beiden Richtungen erwähnt. Alle Kirchen und Konfessionen des Christentums verbieten Polygamie und Konkubinat. Der Islam erlaubt wie die meisten anderen nicht-christlichen Gemeinschaften beides. (…) Islamische Besucher Europas sprechen mit Erstaunen und oft mit Entsetzen über die Unbescheidenheit und Keckheit westlicher Frauen, über die unglaubliche Freiheit und die absurde Hochachtung, die man ihnen entgegenbringt, und über den Mangel an männlicher Eifersucht der europäischen Männer, wenn sie mit der Unmoral und Promiskuität ihrer Weibsleute konfrontiert sind.”

Das ist alles gut und wir sollten stolz darauf sein. Aber heute haben wir die Situation, in der Männer und Frauen nicht nur als gleichwertig, sondern als identisch dargestellt werden. Gleichzeitig werden Frauen implizit und manchmal auch explizit besser als Männer behandelt. Dieser unlogische Doppelstandard spiegelt sich im Multikulturalismus wider, in dem alle Kulturen gleich sind, die westliche aber dennoch böse ist.

Die Chinesen sprechen von Yin und Yang, von den femininen und maskulinen Aspekten der Natur, die sich ergänzen und sich idealerweise im Gleichgewicht befinden sollten. Im modernen Skandinavien haben wir Yin im Überfluss, aber stellen dem Yang ein Armutszeugnis aus und bringen es dazu, sich schuldig zu fühlen, wo immer es auftaucht. Aber eine Gesellschaft kann ohne ein Element traditioneller Männlichkeit nicht überleben.

Der Kolumnist Jack Kelly sagt: “Es ist der Soldat und nicht der Priester, der die Redefreiheit beschützt. Die Geschichte lehrt, dass eine Gesellschaft, die ihre Krieger nicht ehrt, von einer Gesellschaft zertört werden wird, die es tut.”

Wie ich schon früher gezeigt habe, waren die alten Griechen Pioniere in der bildlichen Darstellung des realen Lebens in der Kunst. In der Moderne wurde die lineare Perspektive während der italienischen Renaissance entwickelt, beginnend mit Giotto und im frühen 15. Jahrhundert von Filippo Brunelleschi voll zur geometrischen perspektivischen Methode ausgereift. Etwas Vergleichbares wurde niemals von einer anderen künstlerischen Tradition entwickelt, sei es die chinesische, die indische oder die des Nahen Ostens. Diese vollkommen unterschiedliche Sichtweise der Kunst spiegelte vermutlich auch eine vollkommen unterschiedliche Weltsicht wider, einen Bruch mit vorherigen Traditionen und Autoritäten.

Leonardo da Vinci studierte die Natur wissenschaftlich und benutzte seine eigenen Augen, um sicherzustellen, dass seine Werke der Natur so akkurat wie möglich entsprachen. Das kann man anhand seiner Studien über die Proportionen des menschlichen Körpers in seiner berühmten Zeichnung Der Vitruvianische Mensch sehen. Er überschritt die Grenzen der Autorität der Tradition und der alten Meister, was der Grund dafür ist, dass die Dame, die er als Mona Lisa porträtiert hat, so erstaunlich lebensecht wirkt. Diese Mentalität ist der Grund dafür, dass die wissenschaftliche und industrielle Revolution im Westen stattfand.

Im frühen 16. Jahrhundert versuchten Schreiber wie Niccolò Machiavelli and Maler wie Leonardo da Vinci die Welt so darzustellen, wie sie wirklich ist. Im frühen 21. Jahrhundert haben Westler aufgehört, auch nur noch vorzugeben, das zu tun, und leben stattdessen in einer imaginären Realität, wie eine ideale Welt sein sollte. Wir könnten wahrscheinlich eine Menge von unseren Vorfahren lernen. Aber ist es vorstellbar, dass dieses westliche Verlangen danach, zu experimentieren, die Tradition zu missachten und über die Grenzen dessen hinauszugehen, was in der Vergangenheit gemacht wurde, auch in manchen Fällen eine Schwäche sein kann?

Vielleicht sind einige jener Charakterzüge, die früher zu unseren großartigsten Errungenschaften führten, wie unser Respekt gegenüber Frauen, Menschenrechten, individueller Freiheit und unsere Offenheit gegenüber Außenseitern so ins Extrem getrieben worden, dass sie zu Nachteilen wurden. Vielleicht können sich auch ursprünglich gute Ideen zum Schlechten wenden, wenn sie ohne Mäßigung ausgelebt werden. Das Schlüsselwort, das wir anscheinend vergessen haben, ist “Balance”. Nach Ansicht eines konservativen schwedischen Freundes von mir sind viele der scheinbar verrückten Exzesse, die sich zur Zeit zeigen, nicht so sehr eine Perversion der westlichen Zivilisation sondern ihre Erfüllung. Was geschehen ist, ist, dass Westler manche der Saaten unserer Kultur an ihre theoretischen (und extremen) Grenzen getrieben haben. Das hat uns verwirrt zurückgelassen, wir haben unsere zivilisatorische Mission erfüllt, und wissen jetzt nicht, was wir als nächstes tun sollen.

Die kanadische Schriftstellerin Naomi Klein glaubt, dass die Terroranschläge vom 11. September 2001 von westlichem Rassismus verursacht wurden. Im Gegenteil! Sie wurden von exzessivem Antirassismus verursacht. Wenn man die Geschichte von Michael Tuoheya, einem ehemaligen amerikanischen Flughafenkontrolleur, glaubt, dann checkte der Chefterrorist Mohammed Atta an jenem Tag bei ihm für seinen Flug ein. Tuoheya erzählt: “Ich sagte mir selber ‘Wenn dieser Kerl nicht wie ein arabischer Terrorist aussieht, dann sieht niemand so aus.’ Dann gab ich mir selber eine mentale Ohrfeige, denn heutzutage ist es sich nett, sich etwas Derartiges zu sagen.” Atta traf sich mit vier anderen Flugzeugentführern und krachte in einen der Türme des World Trade Centers in New York City.

Wir modernen Westler sind zunehmend unwillig, unser Leben für irgendetwas zu riskieren, aber wir sind bereit, jeden Tag für Antidiskriminierung zu sterben. Antirassismus ist der neue Gott, ein zorniger Gott, der unsere bedingungslose Unterwerfung und falls notwendig auch unseren Tod fordert – ganz zufällig ein bisschen so wie Allah.

Es ist möglich, dass man die Geschichte des Westens als eine Geschichte der Befreiung von Beschränkungen der Vergangenheit sieht, und als eine, die immer weiteren Personenkreisen Gleichheit gewährt, beginnend mit dem allgemeinen Wahlrecht für Männer, später für Frauen, dann Gleichheit aller ethnischen, religiösen und sexuellen Untergruppierungen und schließlich auch für Nicht-Staatsbürger und Feinde. Der Westen hat die Welt über Jahrhunderte hinweg in die Innovation geführt. Doch vielleicht kann dieser Charakterzug, der die größte Stärke des westlichen Mannes war, auch zu seinem Fluch werden. Vielleicht reißt er manchmal Schranken nieder, die notwendig sind, und besteht auf Gleichheit, wo von Natur aus keine Gleichheit existiert. Sein Selbstbild war es, die Tradition auf jeder Ebene in Frage zu stellen, und immer nach vorne zu streben. Der westliche Mann hat sich von den Fesseln seiner Traditionen, seiner Religion, seiner Kultur und den Erinnerungen an seine Vergangenheit befreit. Erst kürzlich hat er auch sein Geschlecht, seine Hautfarbe, seine eigentliche physische Existenz abgelegt. Er ist im Grunde seines Wesens ein Nichts und somit von nichts eingeschränkt. Der westliche Mann ist damit wenigstens frei.

Der westliche Mann war der erste, der die parlamentarische Demokratie schuf, der erste, der den Nord- und Südpol erreichte, der erste, der zum Mond flog. Er möchte immer irgendwohin gehen, wo noch kein Mensch zuvor war. Das Traurige ist, dass es nur noch so wenig unentdecktes Land gibt, so wenige Beschränkungen, die man noch niederreißen kann. Nun, den organisierten nationalen Selbstmord freudig anzunehmen, ist etwas, was kein Mensch zuvor getan hat, vermutlich aus sehr gutem Grund. Der westliche Mann riecht eine Gelegenheit, einmal wieder die Menschheit in unentdecktes Land zu führen, und packt sie kühn beim Schopf. Er mag nicht vernünftig sein, aber zumindest ist er der erste, und das ist für den westlichen Mann das, was ihm mehr als alles andere bedeutet.

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