Shelby Steele: „White Guilt“ – Teil 2 „Wachsende Schuld“

Shelby Steele: “White Guilt: How Blacks and Whites Together Destroyed the Promise of the Civil Rights Era” – Ein Überblick von Kairos

(Hier geht es zu Teil 1)

Teil 2: Wachsende Schuld

Steele fährt damit fort zu analysieren, wie sich das Paradigma der weißen Schuld auf den weißen Teil der Babyboomer-Generation ausgewirkt hat und stellt fest, dass Anti-Vietnam-Haltungen, Womens-lib und Ökofaschismus ebenfalls die Autoritätslücke ausnutzten, die dadurch entstanden war, dass Amerika die Falschheit des Rassismus eingestanden hatte.

Als Nebeneffekt sei die Jugendrebellion aufgewertet worden. Der Prozess der Herausforderung der elterlichen Normen durch die Jugendrebellion sei ja eigentlich gar nicht darauf angelegt zu „gewinnen.“ Vielmehr überprüfe die Adoleszenz die Werte der eigenen Gesellschaft, um diese dann annehmen und leben zu können – wobei sicherlich auch leichte Veränderungen möglich seien. Die Babyboomer allerdings hätten – wie unsere 68er auch – keine elterliche Autorität mehr vorgefunden, da die Eltern, soweit sie für das „System“ standen, mit dem Stigma des Rassismus gebrandmarkt gewesen seien.

Mark Twains Spruch: „Als ich vierzehn war, da war mein Vater so dumm, ich konnte es kaum ertragen, ihn um mich zu haben. Als ich dann einundzwanzig wurde, wunderte ich mich, wie viel er in diesen sieben Jahren gelernt hatte“ gelte nicht für diese Generation. Die Rebellion sei auf schwindende moralische Autorität gestoßen, so dass plötzlich die neuen, progressiven Ideen gegenüber dem „Status Quo“ moralisch ausgezeichnet waren und nicht umgekehrt.

So habe sich die Phase der Rebellion verewigt, in eine Lebenseinstellung transformiert. Die „counterculture“ habe Besitz von den Institutionen ergriffen und den „Muff von tausend Jahren“ fortgewischt.

Programme zur Armutsbekämpfung bei schwarzen Ghettobewohnern seien in mit staatlichen Geldern sich selbst versorgende Sozialindustrien umgekippt, beinahe in dem Moment, in dem sie gegründet wurden. Steele hat selbst bei solchen Programmen mitgearbeitet. Er urteilt, die Talentierten hätten sich besseres gesucht, weniger Talentierte wären nachgerückt, um Position und Budget zu ergattern. Das alles kennen wir ja auch zu genüge.

Nach und nach sei also das Ausüben von Autorität für die Vertreter amerikanischer Institutionen schwieriger geworden. Sie müssten versuchen, diese Autorität als moralische Autorität zurückzuerlangen, was am Besten mit einer möglichst heftigen Distanzierung gegenüber den Verbrechen des Rassismus bewerkstelligt werde.

Die Schwarzen dagegen müssten sich vom Stigma der Sklaverei, des Unterlegenen, lösen.

Steele glaubt wirklich daran, dass die Sklaverei ein ernstzunehmendes Unrecht war. Und fast jeder Amerikaner und Europäer wird ihm zustimmen.

Aber es gibt eben auch zugängliche Fakten, die man nicht großartig interpretieren muss, über die nur nicht gerne gesprochen wird, welche die amerikanische Sklaverei nicht nur in ein anderes Licht rücken, sondern meiner Meinung nach komplett relativieren.

Publikationen wie „Weißes Gold“ und aktuelle Berichte über Sklaverei in arabischen Ländern klären uns darüber auf, dass nicht die weißen, sondern die arabischen Sklavenhändler dieses Gewerbe dominierten (und im Gegensatz zu uns üben auch deren Nachkommen noch das gleiche Gewerbe aus). Nun könnte man einwenden, dass zweimal Unrecht nicht Recht ergeben kann, so wie gewalttätige Stellen aus dem alten Testament die Mordsuren aus dem Koran nicht relativieren (auch wenn Linke, mit denen ich über den Islam diskutiere. mir (mir!!!) immer wieder Bibelverse vor den Kopf werfen).

Aber in diesem thematischen Zusammenhang genügt ja die Feststellung, dass die Araber mindestens ebensoviel Grund für einen arabischen Schuldkomplex hätten wie es Gründe für den weißen Schuldkomplex gibt. Sie haben ihn aber nicht. Denn in ihrem Gesellschaftssystem, im Islam, ist die Herausforderung von Autorität, das Eingeständnis, Fehler gemacht zu haben, und ganz allgemein eine rationale oder moralische historische Rückschau, nicht vorgesehen.

Steele erzählt eine Geschichte aus seiner Schulzeit, in der noch weiße Vorherrschaft herrschte: Seine Lehrerin ignorierte seine Einwände, als man die afrikanischen Sklaven als dumm und glücklich bezeichnete, gab ihm aber unter vier Augen zu verstehen, es sei einfach nicht gut für sein Vorankommen, dieses Paradigma infrage zu stellen.

Mir kamen da zwei Bücher in den Sinn, „Onkel Toms Hütte“ (auch, weil Steele schreibt, in den Sechzigern habe es unter Schwarzen als uncool gegolten, „Onkel Tommisch“ zu sein) und „Vom Winde verweht.“

Ich finde die Hütte um einiges rassistischer, nicht weil Onkel Tom als dummer Neger dargestellt ist (solche Darstellungen dominieren auch bei „vom Winde verweht“), sondern weil es ein dezidiert weißenfeindliches, kaukasophobisches (ich verweise ein letztes Mal auf Fjordmans Artikel dazu) Buch ist.

„Vom Winde verweht“ dagegen kann der Gegenwart einiges lehren. Nachdem die Südstaaten unterliegen sind die Sklaven frei. Die Sklaven haben sich allerdings (nach Darstellung des Buches) auf den Plantagen sehr wohlgefühlt. Sie sind nicht die Art Menschen, die mit Freiheit viel anzufangen wissen, sie sind gute Arbeiter, sanfte Leute. Scarlett O Hara hat niemals einen Sklaven geschlagen, als sie von dem Buch „Onkel Toms Hütte“ hört, durchschaut sie es sofort als die linke Propaganda, die es ist.

Die freien Sklaven werden von den Yankees hoffiert (bitte Parallelen ziehen!), ihnen wird erzählt, wie gut sie es ja jetzt haben. Die Yankees haben aber ihren Plan mit der Befreiung überhaupt nicht durchdacht (Parallele)! Während die Plantagen verkommen, sind die Schwarzen arbeitslos! Sie hocken in Gangs zusammen und lauern weißen Frauen auf. Die Yankees unternehmen nichts, um die Frauen der Südstaatler zu schützen, die Verlierer des Krieges dürfen sich aber auch nicht selbst wehren (sie könnten ja auf den Gedanken kommen, den Krieg wieder aufzunehmen). Obwohl Scarlett bei einer Kutschfahrt, die sie entgegen dem Rat ihres Mannes allein unternimmt, von ihrem ehemaligen Sklaven gerettet wird, ist die versuchte Vergewaltigung für die Südstaatler genug Grund, den Ku-Klux-Klan zu gründen und das Schwarzennest auszulöschen (die wissen nämlich noch, dass man sich wehren muss). Scarletts Mann erliegt später seinen Verletzungen (was den Weg für Rhett Butler freimacht).

Auch die Verfilmung des Buches ist sehr sehenswert.

Vor allem vergisst Steele allerdings das, was fast alle Rezensenten der amerikanischen Sklaverei vergessen: Dass die Sklavenhalter unter sich einen Krieg ausfochten, in dem es um die Befreiung der Sklaven ging, dass sie später ohne Not, ohne dass Aufstände sie gezwungen hätten (die kamen ja erst, nachdem die Bürgerrechte schon errungen waren, vgl. Teil 1) von der Praxis der Apartheit Abstand genommen haben, weil sie, ohne von Schwarzen, Arabern oder Engeln darauf hingewiesen worden zu sein, ihr Tun nicht mehr als Recht empfanden.

Neben der schon erwähnten arabischen Sklaverei könnte man jetzt noch einmal all die Grausamkeiten anführen, die Schwarze nicht nur Weißen, sondern auch Schwarzen anderer Stämme so gern und so regelmäßig antun (vgl. die Formen des afrikanischen Aberglaubens, die ethnischen Konflikte in Südafrika, die mitnichten nur schwarz gegen weiß aufgestellt sind, die Entwicklungen in Haiti, usf.).

Steele ist daran gelegen, dass die Schwarzen, statt Vorzugsbehandlungen zu fordern, sich mit den Ursachen ihrer Unterlegenheit befassen und versuchen aus eigenem Antrieb voranzukommen. Und er gibt auch zu, dass weiße Vorherrschaft unglaubliche „Kohärenz“ geschaffen hat, was soziale Stabilität und technischen Fortschritt angeht. Dass er als Schwarzer daraus aber keine generelle biologische und kulturelle Unterlegenheit des schwarzen Mannes ableiten kann, versteht sich von selbst. Dass ich als Weißer das auch nicht tue, spricht Bände.

In Kürze: Dritter und letzter Teil des Überblicks

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