Tottenham und die Angst der Medien (Seite 2)

Ein „Bürgerkriegs“-Szenario, lieber Spiegel? Du hast wirklich „Bürgerkrieg“ geschrieben? Sag bloß! Das ist doch der bestimmt der „Bürgerkrieg“, den dieser Carl Schmitt (oder war es Popper?) ausgerufen hat, wie uns neulich Volker Weiß so kenntnisreich aufgeklärt hat. Und wer steht denn da nun auf welcher Seite dieses „Bürgerkriegs“, wo verlaufen seine Fronten, wer sind seine Kombattanten, und warum??

Wenn dem Spiegel, der sich neulich gleich in der Titelzeile an der Blauäugigkeit und Blondigkeit des Attentäters von Oslo so innig geweidet hat, wirklich so sehr an Aufklärung gelegen ist, fragt sich nur, warum der Artikel erst nach etwa 500 Wörtern, ganz am Schluß erst und quasi en passant, einen dezenten Hinweis darauf bringt, was ohnehin jedem Leser schon bei der Schlagzeile klar ist.

Etwas mehr als zehn Kilometer von der Londoner Innenstadt entfernt, zählt Tottenham zu den ärmsten Gegenden Großbritanniens. Fast die Hälfte aller Kinder lebt hier Untersuchungen zufolge in Armut. Der Anteil der Ausländer zählt zu den höchsten im ganzen Land.

„Ausländer“ heißt hier, daß Tottenham von Angehörigen von über einhundert (!) verschiedenen Nationalitäten unter afro-karibischer Vorherrschaft bevölkert wird. „Tottenham und andere von Schwarzen dominierte Gegenden sind de facto unabhängige Kleinstaaten, deren hauptsächliche Verbindung mit der weiteren britischen Gesellschaft in ihrer Rolle als Wohlfahrtsempfänger und Deponien für schlecht verteilte Drogen besteht.“

Der Spiegel steht mit dieser Verschleierungstaktik nicht alleine da. Stichprobenartig: die Welt, die exakt denselben Reuters-Text reproduziert, schweigt, der Stern schweigt, die Financial Times schweigt und natürlich die Süddeutsche, deren Autoren wohl noch fleißig am Kopfkratzen sind, wieso man denn etwas gegen ein „friedliches Nebeneinander“ haben kann. Besonderen Sinn für Humor beweist die taz mit der (ernst, nicht sarkastisch gemeinten) Titelzeile „Vorbildlicher Wandel“, nämlich seit den Krawallen von 1985:

Nach den Krawallen blieb das Viertel monatelang von der Polizei besetzt. Doch dann investierte der Staat 33 Millionen Pfund in die Verbesserung der Wohnqualität, der Infrastruktur und der Sicherheit. Heute leben in Broadwater Farm rund 4.000 Menschen mit 39 verschiedenen Nationalitäten. Wollte man früher die Leute schnellstmöglich umsiedeln, ist der Andrang der Wohnungssuchenden heute groß. Broadwater Farm ist eins der sichersten urbanen Viertel weltweit.

Gab es in den drei Monaten vor den Krawallen 1985 noch 875 Einbrüche, 50 Raubüberfälle und 50 tätliche Angriffe, so sind diese Delikte weitgehend unbekannt. Die Krawalle von Samstagnacht in unmittelbarer Nachbarschaft von Broadwater Farm trafen die Polizei deshalb unvorbereitet.

Wenn das alles wirklich so ist (was ich indessen stark bezweifle), was lernen wir daraus, liebe taz?

Es kann letztlich nur einen Grund geben für diese an die Desinformation grenzende Unaufrichtigkeit, ja Verlogenheit: eine Angst, eine Scheißangst vor der Wahrheit über die in ganz Europa gestopften Pulverfässer. Ja, die Liberalen ahnen das Platzen ihrer Blasen, sie ahnen es dumpf, und sie haben Angst. Daher rührt auch ihre Aggressivität gegen diejenigen, die ihnen widersprechen. Ihre Angst ist so groß, daß sie sich stattdessen lieber einreden, daß Warner wie Fjordman nur deswegen so zornig sind, weil sie irgendwann mal einen Leserbrief zensiert bekommen hätten.

Neulich habe ich in diesem Blog den norwegischen Multikulturalismus-Ideologen Thomas Hylland Eriksen zitiert, der es als seine dringlichste Aufgabe sieht, „die Mehrheit… so gründlich (zu) dekonstruieren, daß sie sich nicht mehr als die Mehrheit bezeichnen kann.“ Dieser schrieb anläßlich der Causa Breivik die verräterrischen Sätze:

Jedes Land braucht eine gewissen Grad an Zusammenhalt. Wie viel davon nötig ist, ist eine legitime Streitfrage. Manche glauben, daß der kulturelle Pluralismus ein Rezept für Fragmentierung und den Verlust des Vertrauen ist. Das mag sein, aber nicht notwendigerweise. So lange die öffentlichen Institutionen für jedermann gleichermaßen funktionieren – Bildung, Wohnungswesen, Arbeit und so weiter –, solange kann eine Gesellschaft mit einem beträchtlichen Maß an Diversität leben.

Das ist ein bemerkenswerter Optimismus angesichts eines derart bemerkenswert dünnen Sozialkitts. Wenn die bisher einigermaßen befriedend wirkenden europäischen Sozialsysteme, die heute fast schon den Charakter von Schutzgelderpressungen angenommen haben, infolge der anrollenden Währungs- und Finanzkrisen zusammenbrechen werden, wird sich der soziale Konflikt unweigerlich zum ethnischen Konflikt ausweiten.

Dann wird man wieder an die bittere Prophezeiung Enoch Powells aus dem Jahr 1968 denken, der die Masseneinwanderung als „buchstäblichen Wahnsinn“ bezeichnete.

Es ist, als sähe man einer Nation zu, wie sie sich ihren eigenen Scheiterhaufen errichtet. (…) Wenn ich in die Zukunft blicke, erfüllen mich düstere Vorahnungen. Gleich dem Römer (eine Anspielung auf Vergils „Äneis“), scheint es mir, als sähe ich den „Tiber schäumen voller Blut“.

Er schloß die Rede, seit der 43 Jahre vergangen sind, mit den Worten:

Nur entschlossenes und schnelles Handeln kann dies noch abwenden. Ob es den öffentlichen Willen gibt, dieses Handeln zu verlangen und durchzuführen, weiß ich ich nicht. Alles was ich weiß, ist, daß zu sehen, aber nicht zu sprechen, großer Verrat wäre.

Es scheint in der Tat so, als ob heute unter den politischen und medialen Eliten Europas der Verrat zur Norm geworden ist. Und diejenigen, die nicht sehen können oder wollen, und all jene, die sehen, aber absichtlich schweigen, wie unsere Kollegen vom Spiegel bis zur Süddeutschen Zeitung, werden bald keine Entschuldigungen und Ausreden mehr für ihr Handeln haben.

Darum: laßt uns sehen, und laßt uns sprechen, solange dies noch möglich ist, solange Sehen und Sprechen das Schlimmste noch abwenden kann.

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