Demokraten und Populisten (1)
Auf Endstation Rechts findet sich ein Bericht über eine SPD-Tagung in der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema „Rechtspopulismus in Deutschland und Europa“. Folgt man der Schilderung von Storchmeister Mathias Brodkorb, dann war die Veranstaltung offenbar mal wieder eine alarmierende Zurschaustellung der allgemeinen Politvertrottelung auf seiten der Linken. Höflicher kann ich es leider nicht ausdrücken – gegen die richtig dicken Schwarten helfen eben keine feinen Messerchen mehr.
Eine dieser bretterdicken Schwarten hat ein Dr. Werner T. Bauer von der „Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung“ (ÖGPP) aufgelegt:
Für Bauer geht dabei die eigentliche Bedrohung des demokratischen Rechtsstaates keinesfalls von eindeutig rechtsextremistischen Kräften wie der NPD, sondern in Deutschland von rechtspopulistischen Organisationen und Milieus zwischen NPD und Union aus.
Es mag nicht ganz fair sein, Herrn Dr. Bauer nun aus zweiter Hand, aufgrund einer fremden Zusammenfassung zu kritisieren. Aber vermutlich liegt es nicht an einer Unterschlagung Brodkorbs, sondern am Vortragenden selber, daß hier die beiden spannendsten Fragen gar nicht beantwortet werden: inwiefern diese besagten Rechtspopulisten denn nun a) den Rechtsstaat und b) „die Demokratie“ gefährden. Angesichts so dramatischer Behauptungen will man schon Details wissen. Vor allem erstere stellt angesichts landläufiger Tendenzen die Tatsachen geradezu auf den Kopf. Solange derlei „Gefahren“meldungen nicht argumentativ begründet werden, bleiben sie reine Klingelglöckchenrhetorik.
Und nun bitte vor allem: wer oder was ist denn nun überhaupt gemeint, wenn von „rechtspopulistischen Organisationen und Milieus zwischen CDU und NPD“ die Rede ist? Ich überlege krampfhaft, und da fallen mir eigentlich nur zwei ein, die heute irgendeine Relevanz haben: die Betreiber und Fans des Netzportals Politically Incorrect und die diversen, mit PI eng verknüpften Pro-Bewegungen, denen man nun nicht gerade rauschende Erfolgswellen nachsagen kann. Und die sind nun also eine „Bedrohung des demokratischen Rechtsstaates“. Aha. Warum?
Als nächstes haben wir einen ganz besonderen Leckerbissen vor uns:
Während die NPD nämlich aufgrund der breiten Ablehnung neo-nationalsozialistischer Positionen in der Bevölkerung eher ein Fall für die Polizei als für politische Debatten sei,
Also: Eine Partei ist aufgrund der breiten Ablehnung ihrer Positionen in der Bevölkerung ein Fall für – die Polizei? Sehr interessant. (Was wird die Polizei erst machen, wenn die Positionen dieser Partei plötzlich breite Zustimmung in der Bevölkerung bekommen?)
Im Gegensatz zur NPD
… stelle sich dies bei den „nicht offen nationalsozialistisch“ agierenden Rechtspopulisten ganz anders dar.
Merke: es gibt nur „offen“ und „nicht offen nationalsozialistisch“ agitierende Rechte, letztere müssen sich nämlich ständig vor so klugen „Politberatern“ wie Dr. Bauer verstecken, der ihnen aber natürlich trotzdem immer auf die Schliche kommt.
Eine Nummer für sich ist auch das:
Als Kernmerkmale rechtspopulistischer Parteien nannte Bauer dabei u. a. ihren Bewegungscharakter und die Selbstinszenierung als „Anti-Partei“, die Herausstellung eines „charismatischen Führers“ sowie ihr „anti-intellektueller“ Anspruch, der komplizierte soziale Prozesse auf einfache Erklärungsmuster reduziere.
Nun ist die „Selbstinszenierung als ‚Anti-Partei‘“ ja kein Alleinstellungsmerkmal von rechtspopulistischen Bewegungen, sondern von Protest- und Bürgerbewegungen überhaupt (wie auch der Rest der angeführten Kriterien). Das Geschwätz vom „charismatischen Führer“ ist mal wieder Wortgeklingel, nur um den Schauerbegriff „Führer“ ins Spiel zu bringen, denn einen solchen wollen die Rechten ja angeblich immer irgendwie haben. Wenn man rhetorisch skrupellos genug ist, könnte man den Begriff ohne weiteres auf jeden Spitzenkandidaten anwenden, der vor allem von den politischen Oppositionsparteien in die Runde geschickt wird, um auf Stimmfang gegen die Regierung zu gehen. Wenn die Linken dann ihren Gysi, Lafontaine, Ströbele oder Gerhard Schröder in die vorderste Front schicken, oder wie in guten alten Zeiten ihre Dutschkes & Co hervorbringen, wie nennt man das dann?
Nun mal die Stichprobe: man nenne mir bitte eine einzige „charismatische Führerfigur“ aus dem Umfeld von PI oder den Pro-Bewegungen. Mir fällt keine ein. Ein Markus Beisicht ist das nämlich bestimmt nicht. Und sonst? Allenfalls denkt man an den in diesen Kreisen grassierenden Geert-Wilders-Kult, aber der ist erstens kein deutscher Politiker, und zweitens besteht, siehe oben, keine dringende Veranlassung, ihn nun im Gegensatz zu anderen Parteichefs und Charismatikern sinister als „Führerfigur“ zu titulieren.
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