Vom schwulen Eros (2)
»Homophobie« wurde neben »Rassismus« und »Sexismus« zu einem der Grundpfeiler der Antidiskriminierungsideologie, während die bunte Schar der »Queers« zum Ersatz-Proletariat und revolutionären Subjekt erklärt und in Frontstellung gegen die »Heteronormativität« gebracht wurde. Die ehemals Ausgegrenzten sind also von der Defensive in die Offensive übergegangen. Als partieller Antrieb dieser Entwicklung ist unschwer ein gerüttelt Maß an Ressentiment auszumachen, etwa in der linksfeministischen Frauenbewegung und ihrer Tochterfiliale, dem Gender Mainstreaming, die beide maßgeblich von lesbischen, kinderlosen Frauen angeführt wurden und werden. Der Einfluß dieser Ideologien ist inzwischen so weitreichend, daß sich die Machtverhältnisse umgekehrt haben. Schwulenfeindliche Äußerungen werden von den Exekutiven der Political Correctness mitunter ebenso erbarmungslos geahndet wie etwa »Rassismus«. Wie bei diesem wird auch hier von einem unerfüllbaren, quasi-puritanischen Ideal ausgegangen, dem genauen Gegenstück zu der Vorstellung, man könne Homosexualität durch medizinische Behandlung oder sexualethische »Umpolung« aus der Welt schaffen.
Die Verfälschung des ursprünglich rein psychiatrischen Begriffs »Homophobie « führte zu seiner Anwendung auf schlichtweg jede, noch so milde Form des Befremdens und des Ekels gegenüber sexuell abweichend Ausgerichteten. Stärker noch als beim »Rassismus« kann es hier allerdings kein Entrinnen geben: da Sexualität nun einmal auf (oft sehr komplexen) polaren Spannungen basiert, ist die Abstoßung des unpassenden Pols ebenso unvermeidlich wie die Anziehung des komplementären. Es gibt wohl nur sehr wenige heterosexuelle Männer, die bei der Konfrontation mit homosexueller Erotik kein spontanes Unbehagen empfinden. Eine ähnlich »polare« Reaktion stellt sich bei den meisten Männern auch gegenüber stark effeminierten Geschlechtsgenossen ein, die durchaus nicht immer homosexuell sein müssen – ein instinktiver Widerwille, den sie indessen mit vielen Frauen teilen.
Die Äußerung entsprechender Affekte unterliegt einem öffentlichen Tabu, das freilich im privaten Alltag selten eingehalten wird. Die Folge dieses Drucks ist wie immer eine allgemeine Heuchelei, die nicht selten von den schrilleren Teilen der Szene durch demonstrative Zurschaustellung des Perversen auf die Schmerzgrenze geprüft wird. Hypersexualisierungen und Fetischisierungen verzerren ihr Objekt: die grelle Drag-Queen ist gemessen an der Norm eine ebenso lächerliche, vage höhnische Karikatur des Weiblichen wie ihr Komplementärbild, der muskelbepackte, uniformierte Lederkerl mit seinen grotesk übertriebenen Männlichkeitsattributen. Hier wird die Provokation zum doppelbödigen Spiel: der narzißtischen Inszenierung des eigenen »Andersseins« wird die Beschwerde über die »Homophobie« und das vermeintliche »Spießertum« der sexuellen Mehrheit zur Seite gestellt.
Wie sämtliche Antidiskriminierungs-Axiome basiert das Konzept der »Homophobie« auf einer irrigen Vorstellung von der Natur des Menschen, in diesem Fall: von der (sexuellen) Natur des Mannes. Camille Paglia bemerkte dazu: »Die Idee, es könnte eine Welt ohne Schwulenfeindlichkeit geben, kann ich nicht nachvollziehen, wenn ich die entflammbare Beschaffenheit der Männlichkeit betrachte. Männlichkeit und die Übergangsphase vom Jungen zum Mann sind etwas Gefährliches. Alle Proteste der Welt werden die Schwulenfeindlichkeit nicht verhindern, solange die schwulen Männer nicht verstehen, was deren Wurzel ist. Und zwar nicht einfach Homophobie, sondern die Natur der Männlichkeit selbst, und ihre Gefährdung in einer Welt, die von Frauen beherrscht wird. Es gibt reale und legitime Ursachen für die Angst, die viele Männer vor dem Ausdruck des Homosexuellen haben.«
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