“Ich irre mich also bin ich.” – Augustinus
Überlegener als der moderne Aberglaube “Ich fühle, also bin ich” oder das Kurzsichtige “Ich denke, also bin ich” ist die Formulierung von Augustinus von Hippo:

“Wenn ich mich nämlich täusche, dann bin ich . Denn wer nicht ist, kann sich natürlich auch nicht täuschen; und demnach bin ich, wenn ich mich täusche. Weil ich also bin, wenn ich mich täusche, wie sollte ich mich über mein Sein irren, da es doch gewiß ist, gerade wenn ich mich irre. Also selbst wenn ich mich irrte, so müßte ich doch eben sein, um mich irren zu können, und demnach irre ich mich ohne Zweifel nicht in dem Bewußtsein, daß ich bin. Folglich täusche ich mich auch darin nicht, daß ich um dieses mein Bewußtsein weiß. Denn so gut ich weiß, daß ich bin, weiß ich eben auch, daß ich weiß.”
[aus: Des heiligen Kirchenvaters Aurelius Augustinus zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat, 11. Buch, 26. Kapitel, übersetzt von Alfred Schröder, Kempten – München 1911-16]

Im Original:
“si enim fallor, sum. nam qui non est, utique nec falli potest: ac per hoc sum, si fallor. quia sum ergo, si fallor, quomodo esse me fallor, quando certum est me esse, si fallor? quia igitur essem qui fallerer, etiamsi fallerer, procul dubio in eo, quod me noui esse, non fallor. consequens est autem, ut etiam in eo, quod me noui nosse, non fallar. sicut enim noui esse me, ita noui etiam hoc ipsum, nosse me.”
Aurelius Augustinus: De civitate Dei, Liber XI, Caput 26, [413 – 426]

Mehr von Augustinus: http://www.unifr.ch/bkv/buch91.htm

Templarii

Bewerten: i
Rate This
Gefällt mir:Gefällt mirSei der Erste, dem dieser Artikel gefällt. Dieser Eintrag wurde am 14. März 2011 um 21:39 erstellt und unter Augustinus von Hippo, Christentum, Katholizismus, Kultur abgelegt. Du kannst die Antworten auf diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Du kannst antworten oder einen Trackback Deiner eigenen Seite veranlassen.

2 Antworten zu ““Ich irre mich also bin ich.” – Augustinus”
hans Sagt:

15. März 2011 um 09:57
So einfach ist die Sache nicht. Die Behauptung “‘Wenn ich mich täusche, dann bin ich” setzt eine Dualität der Realität voraus, d.h. Täuschung und Nicht-Täuschung (Wahrheit). Hier muss Wahrheit absolut gesetzt werden und ein Zugang zur Wahrheit bereits bestehen. Logisch gesehen werden hier schon versteckte Grundannahmen vorausgesetzt.

Täuschen worüber, wo ist der absolute, externe Punkt, an den ich mich begeben kann um festzustellen, dass ich mich getäuscht habe? Wie geht die Bewertung zwischen Täuschung und Nicht-Täuschung vonstatten?

“Ich fühle also bin ich” ist ebenfalls fragwürdig. Wenn überhaupt wäre hier “ich fühle also fühle ich” angebracht. Eine rationale Feststellung über eine emotionale Seiendheit. Sprachlogisch gesehen fraglich, nur möglich, wenn man nicht darüber sprechen würde.

“Ich denke also bin ich” kommt der Sache schon näher. Wenn denken sprechen mit sich selbst ist, dann bin ich denkend.

Alles nicht so einfach finde ich.

Kommentar
templarii Sagt:

15. März 2011 um 14:09
Guten Tag,

der Beitrag zum Thema “Ich fühle, also bin ich” war eher ironisch und kritisch gemeint. Ich wollte damit verdeutlichen das Menschen glauben ihre Gefühle (und nur sie) sind das entscheidende um sich selbst wahrzunehmen. Alles wird reduziert auf irgendwelche *euphorien*.

“Ich denke also bin ich” habe ich noch nicht näher beschrieben – ich sehe aber einige Kritikpunkte im Vergleich zu “ich irre mich also bin ich”. Erstens – woher weiss “ich” das “ich” denke? Vielleicht denkt ja etwas in mir, oder etwas denkt und ich bemerke es? Wenn nur das Denken an sich als Selbstwahrnemungsbestätigung – fangen alle Leute an zu denken. *egal was*. Hauptsache Denken.. Wir leben in so einer Zeit.

Wenn man aber die Möglicheit des “sich irren” als Selbstwahrnehmungsgrundlage beeinhaltet erstens – das man nicht zu arrogant wird, zweitens ist es eine art “Doppelblindtest” seines Selbst (wir wollten ja nicht das wir uns irren) und man nimmt sich auch jenseits des puren Denkens wahr.

Es ist ja nur ein kurzer Beitrag, längere Essays schreibe ich dazu erstmal nicht.

grüsse

Templarii

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: